Ausgabe 6 | 2020
Deutschlands Industrie ist auf 5G angewiesen
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer über die Zukunft der Automobilwirtschaft, die Rolle von 5G und die Potenziale von Forschungskooperationen.
Ganz im Gegenteil: Wer 5G verpasst, der verpasst die Welt. Es ist die Technologie, die wir in unserer Gesellschaft brauchen, um zukunftsfähig zu sein. Und auch die Weiterentwicklung des Autos ist ganz eng mit 5G verknüpft.
Die vernetzte Produktion ist um ein Vielfaches effizienter. Die Abläufe werden in den Fabrikhallen optimiert. Siehe Volkswagens Kooperation mit Amazon: VW arbeitet mit dem IT-Unternehmen an einer Vernetzung aller Werke, Lager, Roboter und Maschinen. Das Potenzial ist riesig: Binnen fünf Jahren wird VW 30 Prozent effizienter produzieren – ein Riesenvorteil im globalen Wettbewerb.
Man kann dank der Vernetzung genau erkennen, wo welche Probleme auftauchen. Weil die Industrieroboter miteinander kommunizieren. Sie wissen selbst am besten, wann eine Wartung wirklich notwendig ist. Sie messen Fehler bei den Produkten und werden auch dank künstlicher Intelligenz immer besser. Dadurch wird präziser gearbeitet und die Qualität für den Endkunden besser. 5G bietet in den Werkshallen ein Füllhorn an Verbesserungen. Von daher ist es undenkbar, dass in fünf Jahren noch Fabriken am Markt erfolgreich sind, die noch mit Faxgeräten arbeiten.
Absolut. Die Maschinen sollten immer wissen, was welcher Lkw wann liefert – „just-in-time“ auf die Spitze getrieben. Und eigentlich muss die Lieferkette bis zum Endkunden reichen. Der Kunde will ein präzises Lieferdatum für sein Auto. Die Aussage „Kommt in acht Wochen!“ und dann schauen wir mal, das wird in Zukunft nicht mehr funktionieren.
Auf keinen Fall. Was bleiben wird: Als Porsche-Fahrer will ich mein Auto fühlen – und selbstverständlich steuern. 5G schafft hingegen Sicherheit. Heute helfen elektronische Fahrassistenzsysteme wie ESP, dass ich in Kurven nicht ins Schleudern gerate. Vernetztes Fahren bedeutet, zusätzlich den Verkehr zu beobachten. So weiß ich rechtzeitig, dass hinter der Kurve ein Unfall lauert, und werde vom System gebremst. Gefährliche Situationen werden bereits im Entstehen verhindert.
Sicher. Navigationssysteme nutzen heute schon Verkehrsdaten. Was 5G schafft ist, dass Daten viel präziser und schneller werden.
Das wäre natürlich ein schlechtes Zeichen. Aber trotz deutscher Konzernzentrale sind die Unternehmen international aufgestellt. Dann wird es eben in China die ersten autonomen Autos auf den Straßen geben. Und es gibt längst Verbindungen: Daimler profitiert vom Investor Geely. Der Smart wird sein Comeback als deutsch-chinesisches Gemeinschaftsprojekt erleben. Wir leben nicht auf einer Insel. Globalisierung passiert und ist richtig – weil wir davon alle profitieren.
Was wäre, wenn wir nicht mit ihnen zusammenarbeiten? Dann bleiben wir – überspitzt gesagt – im Mittelalter stehen. Deutsche und europäische Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung wären verloren. Das kann keine Lösung sein. Ich bin überzeugt, dass in 20 Jahren China Technologieführer sein wird. Deshalb müssen wir sehen, dass wir eine vernünftige Form der Zusammenarbeit finden. Die deutschen Autobauer schätzen China, sehen die Chancen. VW ist ohne den chinesischen Markt nicht vorstellbar. Wir brauchen aber eine Absicherung mit verbindlichen Regeln. Wichtig ist, dass China politisch Vertrauen gewinnt. Da muss auch von chinesischer Seite mehr kommen in Sachen Offenheit und Transparenz. Wenn wir aber negative Folgen der Zusammenarbeit ausschließen können, sind wir gemeinsam auf der Gewinnerstraße.
Nein, es ist völlig irrational geworden. Trump hat sein Land in Handelskriege geführt und alle Mittel gegen China eingesetzt. Ich bin sehr froh, dass sich die Bundesregierung bisher nicht von ihrem Weg abbringen lässt. Wir sollten zusehen, dass wir mit 5G so gut und so schnell wie möglich vorankommen. Und da ist Huawei als ein Weltmarktführer unersetzlich.
Unsere Forschungspolitik muss strategischer werden. Momentan wird gefühlt jede Woche ein neues Champion-Thema auf die Agenda geschrieben: einmal ist es die Batterieproduktion, dann die Wasserstoffgesellschaft, nun die EU-Cloud. Da springen wir anderen hinterher. Was mir fehlt ist eine langfristige Strategie in den Bereichen, in denen wir in der Forschung führend sind wie früher in der Elektrochemie. Die Rolle haben wir verloren, weil wir zu oft einzelnen Hypes hinterherlaufen.
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