Paneldiskussion

Nachhaltigkeit durch Digitalisierung?

Die Klimaziele der EU und Deutschlands für 2030 sind ambitioniert. Ist digitale Technologie der Schlüssel, um sie zu erreichen – oder Teil des Problems? Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft suchen Antworten auf diese Frage.

Der Klimawandel ist Realität und seine Auswirkungen sind spürbar – auch vor der eigenen Haustür. In Deutschland haben die Dürren zwischen 2018 und 2020 beispielsweise zum zunehmenden Absterben der Wälder geführt, wie die Waldzustandserhebung 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt. Die EU hat die Dringlichkeit der Situation erkannt und für 2030 strenge Klimaziele definiert. So sollen unter anderem die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent sinken. In Deutschland hat die Bundesregierung diesen Wert mit dem Klimaschutzgesetz 2021 sogar auf 65 Prozent angehoben.

Führt der Weg in eine nachhaltigere Zukunft über die Digitalisierung? Immerhin lassen sich durch digitale Technologien zum Beispiel smarte Energiekonzepte umsetzen, die den Stromverbrauch reduzieren können. Gleichzeitig stehen Datencenter als Stromfresser in der Kritik, während ihre Anzahl weiter zunimmt. Im Rahmen der EU Green Week fand im Hauptstadtbüro von Huawei eine Paneldiskussion zum Thema „Digitalisierung als Wegbereiter zur Klimazielerfüllung?“ statt. Als Gäste nahmen teil:

  • Margit Stumpp, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)

  • Jens Zimmermann, MdB (SPD)

  • Alexander Rabe, Geschäftsführer eco – Verband der Internetwirtschaft

  • Ingobert Veith, Vice President Public Policy bei Huawei Technologies

Durch das Gespräch führte Patrick Berger, Head of Media Affairs bei Huawei Technologies.

Schnell und gerecht handeln

65 Prozent der CO2-Emissionen soll Deutschland innerhalb der nächsten zehn Jahre einsparen – aktuell liege der Wert erst bei rund 40 Prozent, stellte Berger zu Beginn des Gesprächs fest. Das Ziel zu erreichen sei eine große Herausforderung, bestätigte Grünen-Abgeordnete Margit Stumpp. Allerdings sei die Situation heute vor allem auf Versäumnisse in der Vergangenheit zurückzuführen: „Ich vergleiche es immer mit dem Sport: Wenn man 100 Meter in 10 Sekunden laufen möchte, für die erste Hälfte aber bereits 7 oder 8 Sekunden gebraucht hat, wird es am Ende eng.“ Schnelles und entschiedenes Handeln sei daher entscheidend, weshalb sie die deutschen Richtlinien begrüße.

SPD-Abgeordneter Jens Zimmermann sah die gesetzlichen Regelungen ebenfalls positiv. Es herrsche große Einigkeit darüber, dass es sie zu erreichen gelte. Allerdings warnte er vor sozialen Ungerechtigkeiten: Wenn gut situierte Menschen zum Beispiel das Reisen in ferne Länder für sich reklamierten und den Mallorca-Urlaub von Personen aus Mittel- und Unterschicht als klimaschädlich und unnötig verurteilten, könne dies insgesamt negative Folgen haben. Denn durch die Unzufriedenheit könne die Akzeptanz in der Bevölkerung schwinden, die Klimaziele zu erreichen und sich selbst dafür einsetzen zu müssen.

Zusammenführen statt spalten

Wo kommt nun aber die Digitalisierung ins Spiel, wenn es um den Klimaschutz geht? Alexander Rabe, Geschäftsführer eco – Verband der Internetwirtschaft, verwies auf virtuelle Events und drahtlose Kommunikation als Alternative zu Geschäfts- oder Privatreisen: „Digitalisierung bietet die Möglichkeit, zusammenzuführen statt zu spalten.“ Zimmermann hob zudem die Technikbegeisterung in der Bevölkerung hervor, die dem Kampf gegen den Klimawandel in die Hände spielen könne. Mithilfe von Smart-Home-Anwendungen wie bei Heizkörpern und Lampen, die sich über das Internet aus der Ferne steuern lassen, könnten die Menschen den Energieverbrauch in Wohnungen und Häusern in „Gamification-Manier“ reduzieren. Der Schlüssel liege darin, die Nachhaltigkeit zu steigern, ohne den Komfort zu beeinträchtigen.

Ingobert Veith zeigte Beispiele auf, wie digitale Technologie die Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen oder industriellen Umfeld steigern kann. Etwa mit sogenannten digitalen Zwillingen: virtuellen Abbildungen von Produkten oder Vorgängen, durch die Unternehmen neue Produkte oder Arbeitsabläufe mit geringerem CO2- und Materialeinsatz entwickeln können. Oder mit digitaler Sensorik in der Landwirtschaft, die anzeigt, wo Betriebe auf ihren Anbaufeldern welche Düngemittel in welcher Menge aufbringen müssen. So lässt sich unnötiger Einsatz der Mittel reduzieren. „Digitale Technologien können uns helfen, unsere ökonomischen, aber auch unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, weil wir Ressourcen effizienter einsetzen können“, sagte Veith.

Energie sparen – aber wie?

Bei allem klimaschonenden Potenzial, das die Digitalisierung bietet: Sie verursacht auch Emissionen. Oft werde vergessen, sagte Rabe, dass Internet und Cloud auch physisch in Form von Rechenzentren existieren.

Ist digitale Technologie also in Wahrheit mehr Teil des Problems als Teil der Lösung? Nicht unbedingt, führte Rabe aus. So sei der Energieverbrauch pro Recheneinheit heute etwa zwölfmal niedriger als noch vor zehn Jahren. Jedoch gebe es in Summe mehr Datenzentren und der Bedarf steige weiter. Daher seine Forderung: „Wir müssen die Infrastruktur modernisieren und zwar schnellstmöglich.“ Glasfaserleitungen seien beispielsweise wesentlich effizienter als  Kupferleitungen. 5G-Mobilfunk könne derweil die Energieeffizienz um bis zu 80 Prozent im Vergleich zu 3G und 4G steigern.

Veith schloss sich an: „Der Branche ist bewusst, dass Technologie zunächst Emissionen verursacht.“ Aber Unternehmen wie Huawei arbeiteten daran, die Nachhaltigkeit ihrer Lösungen zu steigern – sei es in Form von intelligenten Energiekonzepten mithilfe von KI oder auch mit langlebigeren Produkten wie Smartphones, die die Menschen über viele Jahre nutzen können.

Eine globale Aufgabe

Alle Anwesenden waren sich einig: Die Politik muss handeln und die Rahmenbedingungen für eine grünere Zukunft schaffen. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist jedoch nur ein Aspekt. Politik muss auch Anreize für Unternehmen schaffen, weiter in die Digitalisierung vor Ort zu investieren. „Wir brauchen eine europäische Strategie“, sagte Stumpp. Globale Lieferketten sind nicht nur klimaschädlich, sondern auch anfällig. Der Mangel an Mikrochips während der Pandemie habe dies laut Stumpp erneut gezeigt.

Einheitliche Regelungen in Europa – zum Beispiel im Hinblick auf den Strompreis – sah auch Rabe als wichtig an: „Sonst folgt die Abwanderung der Unternehmen ins Ausland und Deutschland bleibt zurück.“ Veith ergänzte, dass die Politik Mittelständler noch gezielter unterstützen müsse, damit sie zum Beispiel Technologien wie KI effizient einsetzen könnten. Und so nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile hätten. Zimmermann wies schließlich darauf hin, dass der Blick nicht nur auf Deutschland liegen solle: „Wir dürfen uns nicht in die Tasche lügen, indem wir außer Acht lassen, wo die Materialien für unsere grünen Geräte herkommen.“ Eine schlichte Verlagerung von Emissionen in andere Länder sei keine Option, weltweite Maßnahmen seien entscheidend.

Digitalisierung und Klimaschutz – ein ebenso spannendes wie umfassendes Feld. Das Fazit: Technologie bietet uns alle Möglichkeiten, dem Klimawandel entgegenzutreten. Nun gilt es, sie zu nutzen.

CO2-Emissionen im Wandel der Zeit

Der Ausstoß von Treibhausgas hat sich in den vergangenen Jahrzehnten weltweit exponentiell erhöht. Ein Lichtblick: Der Anstieg ist im Laufe der letzten Jahre abgeflacht und in Deutschland ist die Entwicklung inzwischen sogar rückläufig. Die folgenden Zahlen machen dennoch deutlich, dass es im Sinne des Klimaschutzes höchste Zeit ist zu handeln.

Weltweite CO2-Emissionen in Millionen Tonnen:*

  • 1960: 9335

  • 2000: 25.119

  • 2010: 33.132

  • 2019: 36.441

CO2-Emissionen in Deutschland in Millionen Tonnen:**

  • 1990: 1251

  • 2019: 805

  • 2050: Treibhausgasneutralität (angestrebt)

*Quelle: Statista/Global Carbon Project
**Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit



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