Am Nachmittag des 5. März 2019 gab Huawei-Vorstandsmitglied und Senior Vice President Catherine Chen ein exklusives Interview mit Saša Petricic, einem Reporter der CBC. Im Folgenden das Transkript des Interviews.
F1: Ich möchte Sie nach einem Thema fragen, das viele Kanadier beschäftigt: Nach der Situation im Zusammenhang mit Meng Wanzhou. Waren Sie überrascht, als sie verhaftet wurde?
Catherine Chen: Ja, ich war schockiert. Ich konnte es nicht fassen. Ich habe rund 25 Jahre lang mit Meng Wanzhou bei Huawei zusammengearbeitet. Wir sind Freundinnen, nicht nur Arbeitskolleginnen. Ich kenne sie sehr gut.
Als wir beim Unternehmen anfingen, waren wir beide noch junge Frauen in unseren 20ern. Meng Wanzhou ist extrem fleißig und sie liest viel. Bei gemeinsamen Meetings konnte ich oft beobachten, wie sie die freie Zeit oder kurze Pausen nutzte, um Dokumente vorzubereiten oder ein paar englische Vokabeln zu lernen.
Nach ihrer Festnahme erzählte mir mein Sohn, dass er Frau Meng wegen einer Frage zur Studienfinanzierung eine SMS geschickt hatte, als er sich im vergangenen Jahr an einer Universität beworben hatte. Zu seiner Überraschung antwortete sie sofort. Meng Wanzhou ist eine sehr liebenswürdige und warmherzige Frau. Sie ist jederzeit bereit zu helfen, auch wenn es nur um eine Kleinigkeit geht.
Ich schätze auch ihre Professionalität. Sie leitete die Umstrukturierung des Finanzmanagements bei Huawei. Im Zuge dieses Prozesses trug sie dazu bei, die Ressourcenzuteilung, die betriebliche Effizienz und die internen Kontrollen zu verbessern. Sie zählt ohne Zweifel zu den besten Finanzvorständen der Unternehmen der Fortune Global 100.
Ich war zutiefst erschüttert, als ich hörte, was sie durchgemacht hat und wie bei ihrer Inhaftierung auf dem Vancouver International Airport ihre Rechte so schwer verletzt wurden. Meng Wanzhou ist eine starke und optimistische Person, und das motiviert mich und andere bei Huawei, uns nicht zu sehr von Emotionen mitreißen zu lassen. Wir müssen uns der Situation erhobenen Kopfes stellen. Wir lehnen die Maßnahmen der US-Regierung ab. Es ist einfach sehr selten, dass eine Führungskraft eines Unternehmens allein aufgrund von Vorwürfen gegen ihr Unternehmen verhaftet wird.
Gleichzeitig müssen wir einen objektiven und rationalen Ansatz verfolgen und sollten bei der Lösung dieses Problems auf das Gesetz vertrauen. Wir lehnen die Maßnahmen der US-Regierung ab. Für mich ist es ein Missbrauch der Justiz. Wir glauben, dass die kanadische Regierung fair, kompetent und unabhängig ist. Huawei ist überzeugt, dass die kanadische Justiz eine gerechte, faire und transparente Entscheidung treffen kann.
F2: Sie scheinen mehr Vertrauen in sie zu haben als die chinesische Regierung. Warum ist das so? Was die kanadische Justiz anbelangt, haben Sie davon gesprochen, wie fair sie ist. Es klingt, als hätten Sie mehr Vertrauen in die kanadische Justiz als die chinesische Regierung. Warum ist das so?
Catherine Chen: Ich habe keinen derartigen Vergleich angestellt. Denken Sie, dass ich da zuversichtlicher bin?
Frage: Ja, denn die chinesische Regierung hat im Grunde genommen gesagt, dass dies alles politisch beeinflusst wird. Die Regierung hat es so formuliert, dass die Justiz in Kanada nicht unabhängig agieren darf. Sie hingegen scheinen ihr Vertrauen zu schenken. Ich bin nur neugierig, warum haben Sie so viel mehr Vertrauen in sie?
Catherine Chen: Nun, ich stimme der Feststellung zu, dass dieser Fall politisch motiviert ist. Präsident Trump hat sich zu diesem Thema geäußert, ebenso wie einige kanadische Diplomaten. Diese Äußerungen haben bestätigt, dass dieser Fall politisch motiviert ist. Auf wen können wir uns in Kanada verlassen, wenn nicht auf die Justiz? Wir glauben, dass das Gericht letztendlich zu einem fairen und gerechten Urteil gelangen wird.
F3: Lassen Sie uns zu Meng Wanzhou zurückkehren. Sie sagten, dass Sie versuchen würden, das Ganze zu betrachten und zu überlegen, was passieren wird und wie es auf rationale und objektive Weise umgesetzt werden muss. Könnten Sie das tun? Offensichtlich ist es auch etwas, das für Sie sehr emotional ist.
Catherine Chen: Als Frau bin ich natürlich gelegentlich auch sehr emotional in dieser Angelegenheit und fühle mit ihr, während sie all das durchmacht. Als berufstätige Frau sah sie sich auf einmal mit dieser schwierigen Situation konfrontiert, das muss für sie sehr schwer gewesen sein. Sie hat vier Kinder – drei Söhne und eine Tochter, die jüngste. Ich kann mir kaum vorstellen, wie sehr sie ihre Familie vermissen muss.
Deshalb – ja, dieses Thema berührt mich emotional, aber ich kann trotzdem rational denken.
Frage: Hatten Sie die Möglichkeit, nach ihrer Verhaftung mit ihr zu sprechen?
Catherine Chen: Wir haben schon miteinander gesprochen, aber nicht sehr oft. Wenn wir miteinander redeten, konnte ich ihre Stärke und ihren Optimismus spüren. Ich habe sie nie gefragt, wie sie das alles durchsteht, aber ich bewundere sie.
Frage: Und denken Sie, dass sie das überstehen wird? Was ich meine ist, denken Sie, dass sie die Kraft hat, das durchzustehen, nach allem, was Sie über sie wissen?
Catherine Chen: Dieses Vertrauen ist unerlässlich.
F4: Denken Sie, dass sie als Sündenbock missbraucht wird? Glauben Sie, dass die Leute sie benutzen, nicht weil sie etwas falsch gemacht hat, sondern weil sie als Symbol für etwas steht?
Catherine Chen: Nun, ich weiß, was für ein Mensch Meng Wanzhou ist, und deshalb glaube ich fest daran, dass sie nichts falsch gemacht hat. Ich weiß nicht, ob sie als Sündenbock dient oder nicht. Aber Präsident Trump hat etwas Ähnliches gesagt.
Sie haben sicher die Nachrichten von Sonntag gesehen, dass Meng Wanzhou über ihren Anwalt eine Zivilklage gegen Mitglieder der Royal Canadian Mounted Police, der Canada Border Services Agency und der kanadischen Regierung eingereicht hat. Ich bewundere ihren Mut und ihre juristischen Schritte zur Verteidigung ihrer legitimen Rechte und Interessen.
F5: Ok. Also, was würden Sie der kanadischen Regierung zu der Frage sagen, wie sie behandelt werden soll?
Catherine Chen: Ich hoffe, dass die kanadische Regierung während des Prozesses offen und transparent bleibt, und wir sind zuversichtlich, dass dies auch der Fall sein wird. Im weiteren Verlauf dieses Falles hoffen wir auch, dass die kanadische Regierung sicherstellen wird, dass ihr Strafverfolgungsprozess öffentlich bleibt und dass weitere Details im Zusammenhang mit dem Fall offengelegt werden, sobald sie verfügbar werden.
5G von Huawei ist im Prinzip eine in Kanada entwickelte Technologie
F6: Ich habe eine Frage zu 5G. Worin besteht die die spezielle Expertise von Huawei im Bereich 5G? Nicht nur, weil Huawei es selbst gesagt hat, sondern auch, weil andere es gesagt haben. Huawei scheint sich in gewisser Weise mit 5G-Netzen identifiziert zu haben. Warum ist das so? Was verbindet 5G und Huawei so sehr miteinander?
Catherine Chen: Huawei begann seine 5G-Forschung im Jahr 2009 und hat seither insgesamt zwei Milliarden US-Dollar in diesen Bereich investiert. Bislang hält Huawei mehr als 2.500 5G-Patente, hat über 30 kommerzielle Verträge über 5G abgeschlossen und mehr als 40.000 5G-Basisstationen ausgeliefert.
Diese Zahlen klingen vielleicht etwas trocken, aber lassen Sie mich das an einem Beispiel veranschaulichen. Viele Telekommunikationsbetreiber sagen, dass sie sich für die 5G-Geräte von Huawei entscheiden, weil sie kostengünstig sind. Warum? Weil wir bessere technologische Innovationen vorweisen können. Die 5G-Basisstationen von Huawei sind kompakt und leicht. Die Installation einer 5G-Basisstation erfordert nur eine Person, zur Installation einer Basisstation benötigen Sie also keine Kräne, zusätzliche Personalressourcen oder die Sperrung einer Straße. Nach unserer Einschätzung lassen sich durch die Installation einer 5G-Basisstation von Huawei in Kanada rund 10.000 US-Dollar einsparen.
Warum behaupten wir, dass die 5G-Technologie sicherer ist? Schon bei 3G und 4G haben wir viele Szenarien identifiziert, die potenzielle Risiken bergen. Als wir mit der 5G-Forschung begannen, haben wir viel in die Entwicklung von Standards und Technologien investiert, die diese Risiken minimieren. So verschlüsseln wir beispielsweise die Daten während der Übertragung, sodass sie auch Angriffen mit Quantencomputern standhalten können. Wir verschlüsseln auch die personenbezogenen Daten, wodurch verhindert wird, dass Standortdaten der Benutzer durch von Kriminellen aufgestellte Basisstationen abgefangen werden.
Manche Verbraucher fragen sich vielleicht, wofür sie diese neuen Technologien brauchen. Die Antwort ist, dass neue Technologien bessere Benutzererfahrungen bieten. So können sie beispielsweise Bilder in höherer Auflösung schneller herunterladen und VR genießen, ohne sich schwindelig zu fühlen. Bei extremen Arbeitsbedingungen können sie ferngesteuerte Geräte verwenden, anstatt ihr Leben zu riskieren.
Die 5G-Technologie von Huawei ist eng mit Kanada verbunden. Obwohl unser für 5G zuständiges F&E-Team über viele Länder verteilt ist, darunter Deutschland, das Vereinigte Königreich und China, sind unsere beiden Teamleiter Kanadier – ein Mann, und eine Frau, die beide promoviert haben. Deshalb sagen unsere kanadischen Kollegen oft, dass das von Huawei entwickelte 5G tatsächlich eine in Kanada entwickelte Technologie ist.
Unsere F&E-Aktivitäten im Bereich 5G haben in Kanada begonnen. Darüber hinaus haben wir für Kanada maßgeschneiderte Lösungen entwickelt. Beispielsweise können im Norden Kanadas die Netzwerkqualität und die Signale sehr schlecht sein, wenn wir Satelliten zur flächendeckenden Abdeckung der Region einsetzen. Wenn wir Glasfaser verwenden würden, wären die Kosten sehr hoch. Deshalb haben wir uns für eine Lösung entschieden, die wir „5G Air Fiber“ nennen. Sie kann einen hochwertigen Breitbanddienst für Zuhause, bekannt als WTTx, zu einem Drittel der Kosten anderer Lösungen anbieten. Natürlich ist diese Lösung nicht nur auf Kanada anwendbar; sie kann auch in anderen abgelegenen Gebieten sowie in entwickelten Regionen mit großer Ausdehnung und geringer Bevölkerungsdichte eingesetzt werden.
F7: Huawei hat viel Aufwand in diese Technologien gesteckt und an den Grundlagen gearbeitet, bevor einige andere überhaupt an 5G dachten. Was passiert jetzt? Worin besteht das Risiko, wenn – wie wir es überall gehört haben – Druck auf Länder und Netzwerke ausgeübt wird, um Huawei auszuschließen oder nicht zu verwenden? Was passiert, wenn das tatsächlich eintritt? Was passiert, wenn Menschen oder Länder sich zu diesem Schritt entschließen – andere Länder als diejenigen, die bereits öffentlich gemacht haben, keine Huawei-Geräte einsetzen zu wollen? Was passiert dann mit Ihrem Unternehmen?
Catherine Chen: Die US-Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die den regulären Geschäftsbetrieb von Huawei beeinträchtigt haben. Diese Art von Handlung ist überall auf der Welt sehr ungewöhnlich. Aber weltweit hat Huawei die meisten kommerziellen 5G-Verträge, die meisten 5G-Rollouts und den höchsten Grad an technologischer Reife. Ich denke, die Menschen sind bestrebt, die fortschrittlichste Technologie so schnell wie möglich einzusetzen und zu nutzen.
Ich bin nicht sonderlich besorgt, weil ich glaube, dass jedes Land, jede Regierung, jedes Unternehmen und jeder Verbraucher die Entscheidungen treffen wird, die in ihrem besten Interesse liegen.
F8: Dennoch haben einige Länder eine Entscheidung getroffen und beschlossen, Huawei auszuschließen. Australien und die Vereinigten Staaten sind Beispiele dafür, und andere Länder sind mit Fragezeichen versehen. Das ist doch sicher ein Risiko, oder?
Catherine Chen: Tatsächlich haben sich bisher nur zwei Länder, die Vereinigten Staaten und Australien, gegen die Verwendung einer Huawei-Lösung entschieden. In Kanada und vielen anderen Ländern ist die Situation jedoch eine andere. Unsere Produkte und Dienste versorgen drei Milliarden Menschen auf der ganzen Welt, und wir hatten in den letzten 30 Jahren eine solide Bilanz in Sachen Sicherheit.
Die Betreiber, die mit Huawei zusammenarbeiten, verfügen über jahrzehntelange Erfahrung, die es ihnen ermöglicht, denjenigen Gerätehersteller auszuwählen, der die sichersten und fortschrittlichsten Produkte anbietet und der am besten zu ihnen passt. Ich glaube, dass sie weiterhin auf Huawei setzen werden. Daher bin ich nicht allzu besorgt über die von Ihnen angesprochene Thematik.
F9: Wir sind uns bewusst, dass es sich bei dieser Problematik nicht nur um eine rein technische Frage handelt. Es geht nicht nur darum, dass Ingenieure diese Entscheidungen treffen. In vielen Fällen sind es die Politiker, die das entscheiden. Macht Ihnen das überhaupt keine Angst? Die Vereinigten Staaten üben großen Druck auf ihre Verbündeten aus, Huawei-Technologie nicht einzusetzen. Kanada hat beispielsweise noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, ob Huawei den Zuschlag für die 5G-Verträge erhalten wird. Haben Sie keine Bedenken, dass das politisch wird und es keine Rolle spielt, was die Ingenieure sagen?
Catherine Chen: Ich habe diesbezüglich keine Sorge, aber es ist sehr ungewöhnlich, dass die US-Regierung solche Maßnahmen ergreift. Ich bin der Meinung, dass die USA die Einheit und den starken Willen von Huawei unterschätzt haben könnten. Darüber hinaus hat die US-Regierung möglicherweise unterschätzt, inwieweit Länder auf der ganzen Welt, einschließlich ihrer Regierungen, Unternehmen und Bürger, ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Die USA haben keine Tatsachen präsentiert. Sie äußern lediglich Meinungen und Spekulationen. So versuchen sie, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, und ich denke, sie haben das Ausmaß ihres Einflusses möglicherweise überschätzt.
Apropos Kanada: Huawei beschäftigt dort 1.100 Mitarbeiter, und wir planen, im Jahr 2019 weitere 200 Arbeitsplätze zu schaffen. Neben der Bereitstellung von Netzwerkprodukten und -diensten investieren wir in Kanada auch stark in Forschung und Entwicklung. In den letzten zehn Jahren haben wir in Kanada insgesamt 500 Millionen US-Dollar in Forschung und Entwicklung gesteckt, davon 137 Millionen US-Dollar allein im Jahr 2018. Wir unterstützen außerdem Forschungsprogramme kanadischer Universitäten.
Wir arbeiten seit mehr als zehn Jahren mit Telus und Bell zusammen und haben ein von der Regierung geführtes Security Review Program (SRP) verabschiedet, mit dem die Sicherheit der von Kanadiern verwendeten drahtlosen Netzwerke gewährleistet werden soll. Dieses Programm soll sicherstellen, dass Menschen in Kanada sichere Netzwerkdienste und -produkte nutzen können. Das ist ein Versprechen, das wir gegeben haben und dem wir auch weiterhin verpflichtet bleiben werden.
Sie haben einen ganz wichtigen Punkt angesprochen, nämlich dass es sich bei dieser Frage nicht um eine rein technische Frage handelt. Würden wir die Cybersicherheit nur als technisches Problem betrachten, dann würde daraus eine einfache Frage, die leicht beantwortet werden könnte.
F10: Also weshalb haben sie so viel Angst vor Ihnen?
Catherine Chen: Ich habe keine Ahnung, warum eine so große Regierung wie die Vereinigten Staaten Angst vor einem so kleinen Unternehmen wie Huawei hat. Ist es sinnvoll, ein Unternehmen zu fürchten, nur weil es über eine herausragende Technologie verfügt? Ich glaube nicht, dass diese Art von Argumenten sehr überzeugend ist. Es ist wie in der NBA, in der es hauptsächlich amerikanische Basketballteams gibt, aber auch die kanadischen Toronto Raptors spielen sehr gut. Was Technologieunternehmen betrifft, so gibt es amerikanische Unternehmen, europäische Unternehmen, kanadische Unternehmen und so weiter. Warum darf es nicht auch ein chinesisches Unternehmen geben?
F11: Eine der konkreten Fragen, die von der US-Regierung und anderen angesprochen werden, war die Frage nach den Beziehungen zwischen Huawei und der chinesischen Regierung. Sie denken, dass sich die beiden zu nahe sind. Sie glauben, dass von der Regierung und der Kommunistischen Partei zu viel Einfluss auf Huawei ausgeübt wird. Und insbesondere verweisen sie auf diesen sogenannten National Intelligence Act, ein Gesetz, das Huawei zwingen würde, Informationen herauszugeben, die über seine Netzwerke laufen. Was sagen Sie dazu?
Catherine Chen: Ich habe über diese Bedenken gelesen. Ich kann diese Bedenken verstehen. Ich war auch schockiert und besorgt, als ich zum ersten Mal über den CLOUD Act der USA und über Australiens Assistance and Access Bill las. Diese Gesetze verpflichten Unternehmen, Backdoors zu installieren und Daten aus dem Ausland zu sammeln.
Was wir unter diesen Umständen tun können, ist, dass jeder Mitarbeiter, einschließlich unseres Gründers Herrn Ren, eine rechtsverbindliche Zusicherung abgibt, dass wir jede Anfrage einer Regierung, Backdoors zu installieren oder Informationen zu sammeln, ablehnen werden. Das ist unser Versprechen.
F12: Erlauben Sie mir eine Frage dazu: Wie geht das? Da Sie in China sind, arbeiten Sie nach chinesischem Recht. Wie wir hörten, als wir gestern das Cybersicherheitslabor besuchten, lautet eine Ihrer Selbstverpflichtungen, dass Sie immer die Gesetze der Länder befolgen, in denen Sie tätig sind. Wenn also die chinesische Regierung sagt, das ist das Gesetz und von Ihnen verlangt, dass Sie diese Informationen bereitstellen müssen, wie können Sie dann ablehnen?
Catherine Chen: Ich habe bereits über unsere Position zu dieser Angelegenheit gesprochen. Nun möchte ich auf unsere Handlungen eingehen. Die erste Handlung, die wir durchführen werden, ist die Stärkung unserer Cybersicherheitsfunktionen. Im vergangenen Monat kündigten wir an, dass wir eine Anfangsinvestition von zwei Milliarden US-Dollar in die Verbesserung unserer Softwareentwicklungsfähigkeiten sowie der Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit unserer Produkte tätigen werden.
Darüber hinaus müssen die Cybersicherheitsfunktionen hohe Standards erfüllen und einer transparenten Prüfung durch Dritte standhalten. Unsere Cybersicherheitsfunktionen haben bereits die strengen Tests des Security Review Program (SRP) in Kanada, des HCSEC Oversight Board im Vereinigten Königreich und unseres Testzentrums in Bonn, Deutschland, bestanden. Dabei handelt es sich um staatlich durchgeführte Tests und Verifizierungen. Auch unabhängige Dritte wie beispielsweise Cigital aus den USA haben Huawei einer Bewertung unterzogen. Unter allen teilnehmenden Unternehmen wurde die Leistung von Huawei in allen zwölf wichtigen Cybersicherheitsindikatoren als überdurchschnittlich bewertet und erreichte in 9 der 12 Indikatoren den höchsten Wert.
Als nächstes möchte ich auf das chinesische Gesetz eingehen, das Sie angesprochen haben. Huawei hat Rechtsexperten hinzugezogen, um dieses Gesetz sorgfältig zu prüfen. Darüber hinaus hat die chinesische Regierung mehrfach Stellungnahmen zur Klärung des Sachverhalts abgegeben. So hat beispielsweise Yang Jiechi, der Direktor der Kommission für auswärtige Angelegenheiten des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, dieses Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz sehr deutlich erläutert. Bei zwei Gelegenheiten haben die Sprecher des chinesischen Außenministeriums das Gesetz erläutert. Und vor ein paar Tagen hat ein Sprecher des Nationalen Volkskongresses sehr deutlich gemacht, dass es in China kein Gesetz gibt, das Unternehmen verpflichtet, Hintertüren zu installieren oder Daten oder Erkenntnisse aus anderen Ländern zu sammeln.
Wir haben von der chinesischen Regierung nie derartige Anfragen erhalten. Selbst wenn wir in Zukunft eine solche Anfrage erhalten, sei es von der chinesischen Regierung oder der Regierung eines anderen Landes, so werden wir sie ablehnen. Es gibt keinen Grund, weshalb wir das nicht tun können.
F13: Aber es steht nicht völlig außer Frage. Damit meine ich, dass ich auch mit Experten gesprochen habe, die aussagen, dass das Gesetz bestenfalls zweideutig ist und es nicht klar ist, ob Unternehmen oder Einzelpersonen tatsächlich Informationen preisgeben müssten. Es scheint sich so zu lesen, als würde dies notwendig sein, ungeachtet dessen, was andere Leute in Bezug auf die Interpretation gesagt haben. Wie können Sie so sicher sein, dass Sie in der Lage sein werden, gegenüber der chinesischen Regierung standhaft zu bleiben? Andere Unternehmen, andere CEOs konnten dies bei anderen Themen nicht tun. Warum sollte Huawei dazu in der Lage sein?
Catherine Chen: Wir haben uns diesbezüglich mit Rechtsexperten beraten. Das chinesische Strafrecht schreibt vor, dass „jegliche Handlung, die keine ausdrückliche Rechtsvorschrift als Straftat erachtet, nicht verurteilt oder bestraft werden darf“. Da solche Anfragen nicht ausdrücklich im Gesetz festgelegt sind, können wir solche Anfragen ablehnen.
Außerdem möchte ich klarstellen, dass Huawei nur ein Gerätehersteller ist. Es sind die Telekommunikationsbetreiber, nicht Huawei, die für Netzwerke und Kundendaten verantwortlich sind.
Ich nenne Ihnen eine Analogie. Die Sicherstellung der Cybersicherheit ist wie Hockey spielen. In einer Hockeymannschaft müssen die Center, die Flügelspieler, die Verteidiger und der Torwart alle eng miteinander zusammenarbeiten, um ein Spiel zu gewinnen. Es ist keine Ein-Mann-Show, und jeder muss die gleichen Regeln befolgen. Egal wie gut ein Spieler ist, er kann nicht das ganze Team sein. Das Gleiche gilt für die Cybersicherheit.
Die Annahme, dass die Gewährleistung der Cybersicherheit in die Zuständigkeit eines einzelnen Unternehmens oder einer einzelnen Rolle fällt, ist vollkommen verfehlt. Alle Akteure des Ökosystems, einschließlich Regierungen, Gerätehersteller, Telekommunikationsbetreiber und Nutzer, haben ihre eigene Rolle zu spielen und müssen eng zusammenarbeiten, um die Cybersicherheit zu gewährleisten. Wir sollten die Rolle oder die Bedrohung eines einzelnen Akteurs im Ökosystem nicht überschätzen.
F14: Sie verwenden Hockeyanalogien. Sie sind bestimmt Kanadierin.
Catherine Chen: Mein Sohn hat viele Hobbys, er mag die NBA, Hockey und Rap-Musik, und ich habe einiges von ihm gelernt. Er machte mich mit der Musik des kanadischen Rappers Drake bekannt. Ich mag Drake sehr. Eines seiner Lieder gefällt mir besonders gut, das mit den Worten „Started from the bottom, now we‘re here“ [Ganz unten angefangen, jetzt sind wir hier]. Diese Worte spiegeln wider, was Huawei in all den Jahren durchgemacht hat. Huawei entstand aus dem Nichts, mit nur ein paar Gründungsmitgliedern. Mittlerweile haben wir rund 97.000 Mitarbeiter mit Kapitalbeteiligung. Sie sind wie die Partner des Unternehmens. Sie investieren ihr Geld in das Unternehmen.
Im vergangenen Jahr investierte Huawei rund 15 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung und ist damit der fünftgrößte F&E-Investor der Welt. Unser Ziel ist es, die ganze Welt zu verbinden. Wir haben dies in vielerlei Hinsicht erreicht. Ich denke, was wir erreicht haben, ist großartig.
Wir sind stolz auf unsere Bereitwilligkeit, das zu tun, was andere nicht tun wollen. Wir sind bestrebt, Netzwerke aufzubauen, um einen stabilen Netzwerkbetrieb auch in den anspruchsvollsten Umgebungen und in den kritischsten Momenten zu gewährleisten. Jeder Mitarbeiter gibt sich alle Mühe, für seine Ideale und für ein besseres Leben zu arbeiten.
F15: Ich verstehe. Sie sprechen darüber, wie Huawei die Dinge anpackt. Einer der juristischen Vorwürfe aus den Vereinigten Staaten ist, dass die Mitarbeiter von Huawei Geheimnisse anderer Unternehmen gestohlen haben. Was sagen Sie dazu?
Catherine Chen: Huawei hat dazu bereits eine offizielle Stellungnahme abgegeben. Wir bestreiten diese Anschuldigungen, und wir glauben, dass die US-Gerichte letztendlich zu dem Schluss kommen werden, dass diese Anschuldigungen unbegründet sind.
Da die rechtlichen Schritte in dieser Angelegenheit bereits eingeleitet wurden, bin ich nicht in der Lage, über die Details des Falles zu sprechen. Was die US-Regierung jedoch getan hat, hat dem Ruf von Huawei großen Schaden zugefügt, so dass wir auf jeden Fall Maßnahmen zur Verteidigung unseres Rufes ergreifen werden, einschließlich gegebenenfalls rechtlicher Schritte.
So habe ich beispielsweise letzte Woche einen offenen Brief an die US-Medien geschrieben und sie eingeladen, vorbeizukommen und zu sehen, wie Huawei wirklich ist. Alle unsere Führungskräfte sind bereit, alle ihre Fragen zu beantworten. Wir werden die Einführung von Technologien begleiten und unsere F&E-Labore öffnen, um unsere Technologien zu demonstrieren. So können sich alle Beteiligten, einschließlich der Medien, Technologiespezialisten, Zuschauer, Leser und Zuhörer, ein Bild vom echten Huawei machen und selbst beurteilen, wer über die fortschrittlichste Technologie verfügt.
F16: Wenn einzelne Mitarbeiter so etwas getan hätten oder daran beteiligt gewesen wären, entweder in diesem Fall oder in anderen Fällen, wie würde Huawei darauf reagieren? Haben Sie seit der Aufdeckung dieses Falles und seit der Anklageerhebung gegenüber den Mitarbeitern die Unternehmenspolitik bezüglich des Diebstahls von Technologiegeheimnissen von anderen Unternehmen nochmals bekräftigt? Sind Sie gegen diese Mitarbeiter vorgegangen?
Catherine Chen: Huawei hat in dieser Hinsicht sehr klare Unternehmensrichtlinien und -prozesse. Wir haben zahlreiche Schulungsprogramme eingerichtet. Aber noch wichtiger ist: Wenn ein Mitarbeiter gegen diese Vorschriften verstößt, zögern wir nicht, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wir haben dies in der Vergangenheit getan und werden es auch in Zukunft tun.
F17: Aber hat das die Botschaft noch einmal bekräftigt? Das war natürlich in allen Schlagzeilen. Haben Sie seit der Anklageerhebung die Botschaft an die Mitarbeiter wiederholt, „Nur für den Fall, dass Sie es nicht verstehen, es ist Ihnen nicht gestattet, Dinge von anderen Unternehmen zu stehlen“?
Catherine Chen: Das hat nichts mit den Fällen oder Vorwürfen zu tun. So oder so, wir haben die Botschaft bekräftigt, und wir haben auch klare Richtlinien, um das Mitarbeiterbewusstsein in dieser Hinsicht kontinuierlich zu schärfen.